Dorfhistorie

Quelle: Blickpunkt der Gemeinde Wenden April/Mai 1994, Nr. 126

 

Zur Geschichte der Ortschaft Elben

von Karl Heinz Kaufmann

 

Der St. Helena-Schützenverein Elben feiert vom 29. April bis 01. Mai 1994 sein 75jähriges Bestehen. Dieses Jubiläumsfest wird u. a. mitgestaltet von der Bergknappenkappelle Niederschelden. - Jubiläum und Mitwirkung einer Bergknappenkapelle sollen Anlass sein, die Geschichte der Ortschaft Elben ein wenig zu beleuchten.

Wenn wir uns einlassen auf die Geschichte, wenn wir das Leben unserer Vorfahren Revue passieren lassen, uns Gedanken machen über deren Wünsche und Hoffnungen, Vorstellungen und Erwartungen, dann finden wir trotz der großen Unterschiede zwischen deren Zeit und der unseren Gemeinsames. Wir finden Gemeinsames in ihrem und unserem Streben nach Frieden und Liebe, in dem Verlangen nach Geborgenheit in verstehender Umgebung, im Schaffen eines Heimes, eines Zuhauses, einer Heimat. Wir sind hineingeboren in die Heimat unserer Vorfahren. Sie haben unsere Heimat in selbstverständlichem Vertrauen auf Gott, in freudiger Begeisterung, aber auch in Zeiten der Not und unter Tränen geschaffen. Und ihre Heimat ist unsere Heimat. Sie ist unser vornehmstes Erbe. „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.“ Dieses Dichterwort als Ansporn und Verpflichtung könnte viele unserer Vorfahren motiviert haben, sich selbst und ihren Mitmenschen die Heimat und das Leben in ihr liebenswert zu gestalten.

 

Und auch in unserer Zeit finden sich immer wieder Frauen und Männer, die in hohem Maße verstehen, in den einzelnen Ortschaften - man möchte fast sagen - ein gutes „Betriebsklima“ zu schaffen; die aufbauend auf dem Bestehenden und dem Fortschritt aufgeschlossen, wohltuend Einfluss nehmen auf die Gestaltung des dörflichen Lebens. Dazu gehören vor allem die aktiven Mitglieder der Gemeinschaften und Vereine.

Die ersten Siedler

 

Die Ortschaft Elben ist vermutlich eine der ältesten Siedlungen in der Gemeinde Wenden. Ihren Namen verdankt sie dem Bach, der dieses reizvolle Tal durchfließt. Alv und Elv sind in Norwegen die Bezeichnungen für einen Gebirgsbach, im Althochdeutschen nennt man ihn Alp. Wird hier der Ursprung des Namens Elbe liegen?

 

Was veranlasste die ersten Siedler, im Tal der Elbe den Wald zu roden, Sümpfe trocken zu legen, Hütten zu bauen, Felder zu bestellen und Vieh zu züchten? War es das Bedürfnis nach Sicherheit?

 

In dem abgeschiedenen, von Bergen umgrenzten Talkessel waren die Siedler von der Unbill der Witterung geschützt. Und sie hofften, fernab der großen Landstraßen, verschont zu bleiben von umherziehenden mordenden und marodierenden feindlichen Truppen und von plündernden Räuberbanden. Am Fuße des Elberscheids, in dem idyllischen und wohl schönsten Tal am Oberlauf der Bigge, fühlten sie sich sicher.

 

Aber auch die Schütze der Berge, die Erze, die an manchen Stellen offen zu Tage traten, waren mitbestimmend für die Wahl des Siedlungsplatzes. Zahlreiche Schlackenfunde sind Zeugen für die Eisengewinnung im Tal der Elbe. Sie reichen weit vor die urkundlich belegte Zeit zurück. Und wir können uns vorstellen, wie die ersten Siedler „am alten Berg“, am „Elberscheid“, in der „Lamicke“ und am „Krähenberg“ nach Erz schürften, wie sie ihre Kohlenmeiler bauten, in einfachen kleinen aus Stein und Lehm errichteten Öfen das Erz schmolzen. Wie die Waldschmiede das gewonnene Eisen in Stangen ausschmiedeten und die Fuhrleute mit ihren zweirädrigen Karren durch die Hohlwege rumpelten, um die Produkte den „Pannenklöppern“, also den Breitschmieden in Olpe, zu verkaufen. Oder das Eisen- bzw. Stahlerz ins Bergische transportierten, wo man Klingenstahl daraus gewann.

 

Und wer im Mittelalter als Fremder, der vielleicht von „Ackerbau und Viehzucht“ etwas verstand, aber Bergbau und Eisengewinnung nicht kannte, durch das Elbetal reiste, der konnte überrascht sein; und er konnte erschrecken, wenn plötzlich am Wegesrand eine dunkle, gebückte Gestalt aus einer Öffnung im Berg hervortrat, feiner, heller Rauch aus kleinen Hügeln stieg, unvermutet ein Amboss dröhnte. Wenn eine heiße Esse aufleuchtete, oder dunkle Gestalten eine Öffnung in ein Rennfeuer trieben und glühende Schlacke Funken sprühend abfloss.

 

Um den Bergbau und die Eisengewinnung ranken sich Märchen und Sagen. Zwerge, Gnomen, Elfen und Berggeister sind da zu Hause. In der Vorstellung des Volkes hatten Bergleute und Waldschmiede etwas Dämonisches, Zauberhaftes, Unheimliches. Man betrachtete sie mit abergläubischem Grauen und bewunderte sie. Sie bargen die Schätze der Berge, beherrschten die Angst einflößende heiße Esse und verfügten in der Vorstellung des Volkes über schier unmenschliche Kraft.

 

Dort, wo in den Bergen das Eisen ruhte, waren sie zu Hause.

Erste Zeugen der Eisengewinnung

 

Die ältesten Zeugen für die Eisengewinnung im Tal der Elbe sind die an vielen Stellen noch vorhandenen Eisenschlacken. Diese Überreste der Eisengewinnung in mittelalterlichen „Rennfeuerhütten“ stammen nach Manfred Sönnecken aus der Waldschmiedezeit des 11. bis 14. Jahrhunderts.

 

Anhand der topographischen Karte, Nr. 5013, Maßstab 1 : 25000, können vier dieser Fundplätze wie folgt bestimmt werden:

 

-         Fundplatz Wolfssiepen, 70 mm vom westlichen, 65 mm vom nördlichen Kartenrand entfernt, in einer Quellmulde gelegen, in einer Höhe von 385 m über NN,

 

-         Fundplatz Großmicke, 82 mm vom westlichen, 6 mm vom nördlichen Kartenrand entfernt, 390 m über NN,

 

-         Fundplatz Wilsmicke, 102 mm vom westlichen, 2 mm vom nördlichen Kartenrand entfernt, in einer Quellmulde gelegen, 405 m über NN,

 

-         Fundplatz Scheiderwald-Siepen, 188 mm vom westlichen, 4 mm vom nördlichen Kartenrand entfernt, links der großen Kurve Richtung Scheiderwald, dort wo mehrere Siepen zusammenfließen, 410 m über NN.

 

Den Rennfeuerhüttenplatz in der Wilsmicke hat M. Sönnecken in den fünfziger Jahren archäologisch untersucht. Ein Rennfeuerofen und ein Schmiedefeuer konnten nachgewiesen werden. Der Ofen hatte einen inneren Durchmesser von 70 cm und eine Höhe von wahrscheinlich 70 bis 80 cm. Er besaß eine „Windform“, d.h. eine Düse, durch welche mit einem Blasebalg Sauerstoff eingeführt werden konnte. Trotzdem war die Hitzeentwicklung im Ofen nicht so groß, dass das Eisen schmolz. Es blieb, nachdem die flüssige Schlacke „abgestochen“, also durch eine Öffnung am unteren Rand des Ofens abgeschlossen war, als teigartige Masse im Ofen zurück. Dieser kindskopfgroße Eisenklumpen wurde „Luppe“ genannt. Er bestand aus schmiedbarem Eisen.

 

Grundsätzlich können wir dieses Eisen auch als Stahl bezeichnen; denn wer als Metallgewerbler die Berufsschule besucht hat, vielleicht gar bei Ober(ja)lehrer Hemmerling, der weiß: „Als Stahl gilt jedes, ohne weitere Nachbehandlung schmiedbare Eisen.“

 

Die Waldschmiede bearbeiteten die Luppe mit dem Handhammer und schmiedeten daraus handliche Stangen, die sie dann nach Olpe, ins Bergische oder zu dem Handelsplatz der Hanse nach Attendorn lieferten.

 

Nach Franz Sondermann dürfte diese „direkte Eisengewinnung“, bei welcher das Eisen nicht schmolz - denn geschmolzenes eisen ist ohne Nachbehandlung nicht schmiedbar - in unserm Raum bis ins 17. Jahrhundert die vorherrschende Methode gewesen sein. Erst danach übernahmen Hochöfen, ähnlich dem der Wendener Hütte, aber in kleinerer Form, die Eisengewinnung. Die Hochöfen waren Schmelzöfen.

 

Aus ihnen floss das Eisen. Dieses flüssige „verbrannte“ Eisen bedurfte einer komplizierten Nachbehandlung, wenn es Schmiedeeisen werden sollte. Den Nachbehandlungsprozess nannte man „Frischen“. Der erste dieser neuartigen Schmelzöfen wird im Kreis Olpe 1468/69 bei Kleusheim erwähnt.

 

Die Waldschmieden wirkten über Jahrhunderte in den heimischen Wäldern. Sie haben viele hundert Tonnen Eisenschlacke zurückgelassen. Wie Norbert Scheele berichtet, hat der Unternehmer Alb. Sieler aus Gerlingen 1920 die Schlackenhalde im Scheiderwald-Siepen abgebaut. Es waren 20 Waggons mit je 20 Tonnen, die zur nochmaligen Verhüttung zum Hüttenwerk Duisburg-Meiderich geschickt wurden. Ihre chemische Analyse ergab 34-36% Eisen und 3-4% Mangan. Sie war also durchaus noch ein zweites Mal schmelzwürdig.

 

In der Gemeinde Wenden sind bisher mehr als 20 dieser mittelalterlichen Rennfeuerhüttenplätze nachgewiesen.

Das Bergbaugebiet „Altenberger Zug“ bei Elben

 

Die mittelalterlichen Waldschmiede bauten erst das offen zutage tretende Erz ab, bevor sie zu Stollenbau übergingen. Gräben, Mulden, Schürfplätze, die uns wie kleine Steinbrüche erscheinen, finden wir noch heute in den umliegenden Bergen. Franz Sondermann vermutet, dass man schon im 14. Jahrhundert zum Stollenbau überging und dass die ältesten Bergwerkssollen des Kreises Olpe die der Gemeinde Wenden sind, wahrscheinlich die des „Altenberger Zuges“.

 

Die vollständige Geschichte des Bergbaus in und um Elben kann an dieser Stelle nicht aufgearbeitet werden. Es soll hier nur versucht werden, einige Fakten und Ereignisse aus der Geschichte des Bergbaus dem Vergessen zu entreißen. So wissen wir z.B., dass jeder Quadratmeter Boden einen Eigentümer hat und dass diese Eigentümer am Katasteramt registriert sind. Felder haben ihre Besitzer.

 

Und auch Bergwerksfelder haben ihre Besitzer.

 

Die Besitzer oder ehemaligen Besitzer der Bergwerksfelder im Raum Wenden sind am Bergamt in Siegen registriert. Bergwerksfelder sind wie Äcker abgegrenzte Grundstücke, auf denen - besser unter denen - man sich das Recht sichert, Bergbau zu betreiben, also Erz abzubauen. Wissen wir, dass in den Bereichen Elberscheid, Altenberg, Balzenberg, Ortschaft Elben, Lamicke fast jeder Quadratmeter zu einem Bergwerksfeld gehört? Mehr als 20 sind ausgewiesen. Auf einigen wurden mehrere Gruben betrieben, auf anderen ist man über Probeschürfungen nicht hinausgekommen. In den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts erfolgten mehr als zehn Neueintragungen. Ein Grund dafür war die Industrialisierung. Durch sie stieg der Bedarf an Eisen und Stahl. Und bei manchem Zeitgenossen erwachter der „Berggeist“. Er erhoffte sich große Gewinne. Der Boom der Bergwerke Vahlberg bei Rothemühle, Junkernberg und Weingarten bei Möllmicke in den Jahren 1850 bis 1860 nährten diese Hoffnung. Die drei Bergwerke hatten in diesen Jahren zeitweise bis zu insgesamt 150 Beschäftigte. Aber der Boom hielt nicht an. Nach dem Bau der Ruhr-Sieg-Bahn 1861 kam der Bergbau im Raum Wenden fast gänzlich zum Erliegen. Die Enttäuschung war groß. Nur noch an wenigen Stellen wurde Erz abgebaut. Teilweise waren es „Einzelkämpfer“, die allein, verbissen in dunklen Stollen nach ergiebigen Erzadern suchten. Ohne großen Erfolg. Das gilt auch für die Betreiber des Bergwerkes Oelberg unterhalb der ehemaligen Gaststätte „Waldesruh“ gelegen. Dieser Stollen wurde dann später zweckentfremdet und von einer Elber Familie als Kühlraum für Milch und Milchprodukte genutzt.

 

Elben. Die große Zeit des Bergbaus in und um Elben liegt vor dem 19. Jahrhundert. Vor allem die Bergwerke Molitor, Baptistenzeche, Altenberg und Wilsmicke sind in dieser Zeit über den heimischen Raum hinaus bekannt. Sie gehören zum Altenberger Zug. Er beginnt zwischen Elben und Gerlingen, dort wo sich die Quellfassung und die Pumpstation für die Elber Wasserversorgung befinden, am ehemaligen Bergwerk Molitor. Von dort reicht er weiter durch die Distrikte Altenberg und Wilsmicke bis zum Günsetal.

 

In einer „Beschreibung der Bergreviere Arnsberg, Brilon und Olpe“, 1890 herausgegeben vom Oberbergamt in Bonn, wird angegeben, dass das Bergwerk Molitor in der Mitte des 17. Jahrhunderts, also nach dem Dreißigjährigen Krieg, von einem gewissen „Molitor“ aufgenommen d.h. begonnen wurde. Im Laufe der Jahre wurde diese Grube von verschiedenen Gewerkschaften betrieben. In den Jahren 1805 und 1806 von der Familie Brabeck. Danach fiel sie ins Freie, lag also still, bis im Jahre 1824 Friedrich Harkort den Betrieb wieder aufnahm. Von Friedrich Harkort wird noch die Rede sein.

 

Der tiefe Molitor-Stollen diente einigen Elber Familien am Ende des zweiten Weltkriegs für kurze Zeit als Zufluchtsort. Das Wasser des Stollens ist heute ein Teil des Elber Trinkwassers.

 

Ca. 300 m nördlich der Grube Molitor liegt die Baptistenzeche. In „früheren Jahrhunderten“, d.h. im 17. und 18. Jahrhundert soll sie ein bedeutender Betrieb gewesen sein. Um 1860 trieb man von der tiefen Stollensohle der Grube Molitor einen Stollen in 15 m Tiefe unter die Baptistenzeche. Wie vermutet, fand man zwar einen ergiebigen Erzgang, der Spateisenstein in einer Mächtigkeit von 4 Metern führte, aber - der Erzgang war schon vollständig abgebaut - in den vergangenen Jahrhunderten! 1874 kam der Betrieb auf der Grube Molitor zum Erliegen.

 

Wie Norbert Scheele berichtet, bemühten sich 1909 sechs Bergleute unter der Leitung von Rud. Stahl abermals, von der Grube Molitor in das Grubenfeld der Baptistenzeche vorzudringen. Sie verfolgten eine Erzader und stießen am 5.9.1909 auf einen alten, mit Wasser gefüllten Stollen, in der Bergmannssprache „Alter Mann“ genannt. Nur mit Mühe konnten die Bergleute sich vor den hereinbrechenden Wassermassen retten. Wann hatte man diesen (zweiten) „Alten Mann“ abgebaut?

 

Östlich der Grube Molitor liegt die Grube Altenberg. Sie wird in den „Historischen Nachrichten“ des Justizamtmannes Stockhausen zu Olpe von 1781 besonders hervorgehoben. Er beschreibt den Altenberg als ein altes Bergwerk, dessen Eisenerz früher (also wohl weit vor 1781) besonders geschätzt war, denn es war „angenehm“ zu verarbeiten. Dann berichtet er, dass auf diesem Altenberg bis zum Jahre 1761 zur Bewältigung des Grubenwassers, das sich in den tief gelegenen Stollen ansammelte, 25 bis 30 Mann tätig sein mussten. Um die Kosten für diese Arbeiter zu sparen, legte der Eigentümer eine „Windkunst“ an. Er ließ also ein Windrad bauen, das die Pumpen antreiben sollte. Da das Wasser sich aber immer in gleicher Stärke ansammelte, der Wind aber mal stark - mal schwach war, wohl auch mal gänzlich aussetzte, brachte die „Windkunst“ den erhofften Nutzen nicht. Sie war vergeblich angelegt. Der Bergmeister Johann Heinrich Jung zu Littfeld, der diese „Windkunst“ baute, errichtete im gleichen Jahr auf der Grube Junkernberg eine ähnliche Mechanik, die etwa zehn Jahre lang erfolgreich arbeitete.

 

Mit der großen „Wasserkunst“ hatte man auf dem Altenberg mehr Erfolg. Sie wurde 1769 gebaut und hatte „eine Länge von fast 3000 Fuß“. Man versuchte also, das Grubenwasser mit der Wasserkraft zu heben, die Pumpe mit einem Wasserrad anzutreiben. „Sie hatte eine Länge von 3000 Fuß“ – Damit soll gesagt sein, dass der Graben für die Zuleitung des Wassers 3000 Fuß, also ca. 1000 m lang war. Ist es möglich, dass man die Elbe in der Höhe der Kreuzbergstraße „anzapfte“ und das Wasser von dort auf das Wasserrad der Grube Altenberg führte? Die Entfernung entspricht ca. 3000 Fuß.

 

Zehn Jahre lang bis 1779 hatte diese Wasserkunst das Grubenwasser bewältigt. Doch dann strömte das Wasser so außerordentlich stark, dass die Wasserkunst ohne Wirkung blieb. Die Grube Altenberg musste „ersaufen“, sie stand unter Wasser.

 

Damit war die große Zeit der Grube Altenberg vorbei.

 

Man versuchte in den folgenden Jahrzehnten einige Male, ihren Betrieb wieder aufzunehmen, hatte aber wenig Erfolg.

 

So auch 1938 bis 1941.

 

Der Bedarf an Eisen und Stahl für die Kriegsproduktion war sehr groß. Und darum sollte auch der Altenberg aufs Neue erschlossen werden. Ca. 20 Bergleute kamen zum Einsatz. Nach Norbert Scheele erwarb man in Wildberg einen (wahrscheinlich) gebrauchten Förderturm, der über dem Schacht der Grube errichtet wurde. 1941 war eine Schachttiefe von 104 m erreicht. Wegen geringer Aufschlüsse (es wurden also keine ergiebigen Erzadern gefunden) stellte man die Arbeiten am 14. Mai 1941 ein. Die 20 Arbeiter wurden zur Grube Sachtleben in Meggen beordert. Das war grundsätzlich das Ende des Bergbaus im Elbetal.

 

Von einem tragischen Unfall bleibt noch zu berichten. Er ereignete sich am 20. Juli 1939. der Förderkorb lief im Schacht in einer Führung, die aus Holzbalken bestand. Loses Gestein hatte die Holzbalken zusammengedrückt. Vier Bergleute wollten vom Dach des Förderkorbes aus den Schaden beheben. Dabei versagten die Bremsen. Der Korb stürzte bis zur 80-Sohle ab. Der Hauer Albert Sieler aus Gerlingen starb an den Folgen des Unfalles. Von den anderen Arbeitern erlitt einer schwere, der andere leichte Verletzungen. Wie das „Sauerländische Volksblatt“ vom 20. Juli 1939 mitteilt, verschoben die Elber Schützen „im Hinblick auf den tragischen Unglücksfall, der sich auf der Grube Altenberg ereignete … das für den 23. Juli vorgesehene Schützenfest bis auf weiteres.“

 

Die älteste Grube im Altenberg Zug ist die Grube Wilsmicke. Norbert Scheele hält sie für den Vorläufer der Grube Altenberg. Das scheint mir, wie wir noch sehen werden, nicht gerechtfertigt zu sein.

 

Bergmeister Caspar Engelhardt aus Olpe schreibt im Jahre 1668 in einem Bericht darüber „Was es in jetziger Zeit mit den Bergwerken im Erzstift Cölln für eine Beschaffenheit hat“ auch über das Eisenbergwerk Wilsmicke. Dieses Bergwerk ist zu der Zeit, wahrscheinlich als Folge des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648), gänzlich verfallen. Vor fünf Jahren, also 1663, wurde es durch Johannes Werth, der (wahrscheinlich) ein Olper Bürger war, samt „Mitconsorten“ wieder betrieben. Der Eisenstein ist bis zu 1 ½ Lachter (ca. 3 m) mächtig. Das Eisen, was man daraus herstellt, wird zu Klingenstahl präpariert. Da aber der Verleger Hans Hille in dem versprochenen Verlag sehr nachlässig ist, liegt das Bergwerk z. Z. still. Hans Hille sorgte also nicht für den notwendigen Absatz.

 

In der Wilsmecke fand man die ersten Zeugen der Eisengewinnung, Eisenschlacken und die Reste eines Rennfeuers. Darüber hinaus ist die Wilsmicke wahrscheinlich der Ort im Kreis Olpe, an dem man mit dem „Stollenbau“ begann. Und in der Wilsmicke endete der Bergbau im Elbetal und mit in der Gemeinde Wenden. Nach dem Zweiten Weltkrieg war für kurze Zeit das Bergwerk Melosina in Betrieb. Sein Eingang lag ca. 150 m unterhalb der alten Grube Wilsmicke.

 

Nun sind der Elber Bergbau und der Bergbau in der Gemeinde Wenden Geschichte. Diese Geschichte umfassend aufzuarbeiten, schriftlich niederzulegen und somit der Nachwelt zu erhalten, sind wir unseren Vorfahren schuldig.

 

 

Die Elber Hütte

 

In allen Ortschaften finden wir Bezeichnungen für bestimmte Ortsteile, z. B. „In der Schlade“, „Im Inken“ usw. In Elben nennt man die einzelnen Ortsteile Oberdorf, Unterdorf, Kanal oder Am Kanal und Hütte. Oberdorf und Unterdorf sind leicht zu erklären, aber Kanal und Hütte? – Bezieht sich die Bezeichnung Hütte auf eine Eisenschmelzhütte, einen Hochofen? Um diese Frage zu beantworten, sind keine archäologischen Untersuchungen erforderlich. Wir finden in der Fachliteratur dafür reichliche Hinweise.

 

So schreibt z. B. F. A. Eversmann 1804 in seiner „Übersicht der Eisen- und Stahl-Erzeugung auf den Wasserwerken zwischen Lahn und Lippe“:

 

„Die Elber Eisenhütte liegt 3 Stunden oberhalb Olpe an einem kleinen Wasser, das rechts in die Bigge fällt; sie hat lange still gelegen, 1802 ihre erste Campagne (= Hüttenreise, die Zeit, in welcher sie in Betrieb war) gemacht und 20 Wochen gehüttet.“ Sie gehörte damals dem Bürgermeister Möllendick zu Olpe. Ihr Erz erhielt sie von den benachbarten Gruben Wilsmicke, Dickebruch, Sammergrube und Altenberg.

 

Wir können mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass diese Hütte links der Helenenstraße Richtung Gerlingen stand, und zwar hinter dem Abzweig, der zum Friedhof führt. Der Name „Hütte“ hat also einen realen Hintergrund.

 

Einen weiteren Hinweis auf die Elber Hütte finden wir bei dem schon erwähnten Justizamtmann Stockhausen aus Olpe. Er berichtet 1781 über drei Bergwerke des Kirchspiels Wenden, und zwar über den Vahlberg, den Altenberg und die Wilsmicke. Er berichtet Erstaunliches: Alle drei Bergwerke haben ihre eigene Hütte. Drei Hütten, davon zwei, die zu Bergwerken in Elben gehören? Die Hütte auf der Wilsmicke wird zu der fraglichen Zeit nicht mehr betrieben. Der Altenberg, so berichtet er, kann bei seiner derzeitigen Beschaffenheit seine Hütte nicht mit Eisenerz beliefern. Wir wissen warum. Sie war im Jahre 1779 „ersoffen“. War die erwähnte Elber Hütte mit der des Altenberg oder der der Wilsmicke identisch? Und wo stand die andere Hütte? Kann man annehmen, dass sie sich am Altenberg befand? Wurden ihre Wasserräder zum Antrieb der Blasebälge durch den gleichen Kanal mit Antriebskraft versorgt, durch den auch die „Wasserkunst“ ihren Antrieb erhielt? Diese Fragen wurden bisher nicht beantwortet, es spricht aber viel dafür, dass die Hütte des Altenberg mit der Elber Hütte identisch ist. Es erscheint mir fraglich, dass die Wilsmicker Hütte, will sagen eine zweite Hütte in Elben, jemals betrieben wurde.

 

„Kanal“ oder „Am Kanal“ - auch diese Bezeichnung hat einen realen Hintergrund. Sie bezieht sich zum einen auf den Kanal, also den Wassergraben, der wahrscheinlich in der Höhe der Kreuzbergstraße von der Elbe abzweigte und zur „Wasserkunst“ auf dem Altenberg führte. Und zum anderen auf den Kanal, der zur Elber Hütte rührte, durch den also die Wasserräder zum Antrieb der Blasebälge bewegt wurden. Es ist anzunehmen, dass letzterer einige Höhenmeter weiter Elbe aufwärts abzweigte. Auf dem Weg zur Elber Hütte musste er dann den erstgenannten Kanal überqueren. Wie gesagt, all das ist anzunehmen, bisher nicht zu beweisen. Sicher ist aber, ein Kanal, der von der Elbe zur Elber Hütte führte, war vorhanden.

 

Es ist schade, dass weder die Bezeichnung Hütte noch Kanal sich in den Straßennamen in Elben wieder finden. Könnte man nicht die bisher namenlose Straße, die zum Friedhof führt, mit dem Namen „Auf der Hütte“ versehen?

 

Anmerkung: Ist inzwischen geschehen; Stand 2012

Friedrich Harkort und die Elber Hütte

 

Friedrich Harkort (1793 – 1880) war ein bedeutender Unternehmer zur Zeit der Frühindustrialisierung. Seine Mechanische Werkstatt in Wetter war in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts in aller Munde. Er war Mitglied der preußischen Nationalversammlung, später Mitglied des Reichstages und Mitbegründer der Zentrumspartei. Seine Ideen bewegten damals die Sozialpolitik und sie wirken bis in die Gegenwart. Was verbindet diese herausragende Persönlichkeit mit der Elber Hütte?

 

Friedrich Harkort war ein umtriebiger Unternehmer. Er sprühte von Ideen und wollte sein Glück auch im Berg- und Hüttenwesen versuchen, und zwar im Kreis Olpe. Seit 1822 betrieb er die Grube Vahlberg. Wie wir bei Stockhausen sahen, hatte die Grube 1781 eine eigene Hütte. Der Prior des Klosters Drolshagen hatte diese Hütte 1780 erbaut. Sein Hüttenmeister war J. P. F. Ermert, der Sohn des Gründers der Wendener Hütte. Die Vahlberger Hütte hatte bis 1792 Bestand. Zu Harkorts Zeit war sie verfallen. Er bemühte sich um die Berechtigung, die Hütte wieder anblasen, in Gang setzen zu dürfen. Dagegen wehrten sich die Betreiber der Wendener Hütte, die Gebrüder Remy, aus den verschiedensten Gründen vehement. Herkort bekam die Genehmigung nicht. Schließlich gelang es ihm aber, die Rechte an der Elber Hütte zu erwerben. Die Berechtigung eine Hütte zu betreiben, war nicht unbedingt an einen Standort gebunden. Der Standort Elben erschien Harkort nicht zweckmäßig. Er beantragte die Genehmigung zum Betrieb einer Eisenschmelzhütte, die er für Elben erworben hatte, nach Rüblinghausen zu verlegen. Dort erbaute er die „Henriettenhütte“. Sie hatte im Gegensatz zu den anderen Eisenschmelzhütten einen eisenummantelten Hochofen und keine Stützmauer aus Bruchsteinen. Die Henriettenhütte wurde am 6. Dezember 1831 angeblasen. Mit ihr setzte er den Anfang für das Industriegebiet Rüblinghausen. Die dortige Harkortstraße erinnert an ihn.

 

Friedrich Harkort betrieb zu dieser Zeit die Gruben „Vahlberg“ bei Rothemühle, „Vereinigtes oberes und unteres Löh“ bei Ottfingen, „Johannesberg“ bei Thieringhausen und bei Elben die Gruben „Molitor“ und „Baptistenzeche“. Die Entfernungen von diesen Gruben zur Elber Hütte waren nicht so groß wie die zur Rüblinghauser Hütte. Trotzdem konnte Harkort sich nicht entschließen, die elber Hütte wieder aufzubauen.

 

Damit wurden Elben von der weiteren Entwicklung vom Berg- und Hüttenwesen abgekoppelt.

 

 

Entwicklung der Ortschaft

 

Die ersten konkreten Angaben über die Zahl der Einwohner im Kirchspiel, also der Kirchengemeinde Wenden, liegen aus dem Jahre 1536 vor. Sie wurden mir vor einigen Jahren von Heimrich Feldmann, dem Nestor der Heimatgeschichte, dem die entsprechenden Akten zugänglich waren, zur Verfügung gestellt. Auch die Angaben für die weiteren Jahre stammen von ihm und sind Grundlagen der folgenden Aufstellung. Dazu zwei Anmerkungen:

 

  1. Bis zum Jahre 1685 sind nicht die Personen gezählt worden, sondern die Haushalte. Einen Haushalt kann man mit durchschnittlich 6 Personen annehmen.

 

  1. Die Prozentzahlen unter der Zahl der Einwohner der Ortschaft Elben beziehen sich auf deren prozentualen Anteil an der Gesamtbevölkerung in dem entsprechenden Jahr.

 

 

Haushalte

Einwohner

Ortschaft                   Jahr

1536

1649

1685

1757

1875

1977

Wenden

24

17

41

248

427

2.855

Möllmicke

11

3

8

65

143

966

Gerlingen

26

11

23

185

301

2.019

Elben und Scheiderwald

20

9

13

142

180

485

 

9,22%

7,76%

5,44%

7,83%

6,33%

3,41%

Schönau

22

19

27

213

335

1.027

Altenhof und Girkhausen

21

15

26

217

252

1.214

Hünsborn und Löffenberg

30

21

41

234

392

2.403

Ottfingen und Wilhelmstal

37

18

31

220

339

1.551

Brün und Hoffnung

4

3

6

53

108

322

Vahlberg

 

 

 

 

 

243

Hillmicke, Wendener-

 

 

 

 

 

 

   hütte und Büchen

22

 

23

237

366

1.130

INSGESAMT *

217

116

239

1.814

2.843

14.215

 

* Anmerkung:   Die Summen sind berichtigt im Vergleich zur ersten Veröffentlichung im Blickpunkt Nr. 126 von April/Mai 1994

Die aktuellen Zahlen vom 31.12.1993 sind im „Blickpunkt“ Nr. 125 Febr./März 1994 veröffentlicht. Legt man auch hier des besseren Vergleichs wegen die bisher berücksichtigten Ortschaften zugrunde, also die Einwohnerzahl der Kirchengemeinde Wenden – das sind 16.627 Personen – so wohnen in Elben und Scheiderwald hiervon mit 547 Personen 3,28 %.

 

Hätte Elben seinen prozentualen Anteil an der Gesamtbevölkerung von 1536 behalten, so würden dem 1.741 Einwohner entsprechen.

 

Elben liegt von den acht vergleichbaren Ortschaften, Möllmicke und Brün ausgenommen, bezogen auf die Zunahme der Bevölkerung mit Abstand an letzter Stelle.

 

Die Abnahme der Bevölkerung zwischen 1536 und 1649 - in Elben um mehr als 50 % - ist Folge des Dreißigjährigen Krieges. Die hungernden marodierenden Soldaten fanden auch die abgelegensten Siedlungen. Hunger und Seuchen entvölkerten Einzelgehöfte und ganze Ortschaften. Sie wurden „wüst“ also unbewohnbar.

 

Von den vergleichbaren Ortschaften hat Elben die Folgen des Dreißigjährigen Krieges am schlechtesten verwunden. Wahrscheinlich auch deshalb, weil seine Bergwerke verfielen.

 

Von 1685 bis 1757 wächst die Bevölkerung überproportional. Das mag mit der Zunahme der Aktivitäten im Bergbau zusammenhängen. Bis 1875 wird der Bevölkerungsanteil von 6,33 % * fast gehalten und fällt bis heute auf die Hälfte: nämlich 3,28 % des Anteils von 1875.

 

* Anmerkung: Auch die Prozentzahlen sind entsprechend angepasst (siehe oben)

 

Gründe dafür dürften sein:

 

-         Der Bergbau kam fast gänzlich zum Erliegen.

 

-         Nachfolgende Industrieansiedlungen waren wohl auch der Verkehrsanbindung wegen nur schwer zu realisieren. (Das galt schon für Harkort.)

 

-         Durch politische Entscheidungen sollte der Zersiedelung entgegengewirkt werden. Das führte einerseits zur Förderung des Zentralortes / der Zentralorte, andererseits zur Schließung von Schulen und unzureichender Ausweisung von Baugelände in den anderen Orten.

 

Für den kundigen Leser ist aus den Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung im Kirchspiel Wenden nach folgendes zu ersehen: Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts war in diesem Raum die Landwirtschaft die Haupterwerbsquelle. Die Nutzfläche war begrenzt. Man konnte damit bei der starken Zunahme der Bevölkerung nicht mehr alle ernähren. Das führte im vergangenen Jahrhundert zu Auswanderungen bzw. zu Abwanderungen der „überschüssigen“ Bevölkerung in die sich entwickelnden Industriegebiete.

 

Erst als im Raum Wenden und der näheren Umgebung außer der Landwirtschaft andere Erwerbsquellen geschaffen wurden, also die Industrialisierung begann, „explodierte“ auch hier die Bevölkerung. Auswanderungen und „Landflucht“ waren nun nicht mehr erforderlich.

 

 

Kreuzberg und Kreuzkapelle

 

Die Zeit von 1800 war in Elben geprägt durch den Bergbau. Die Gruben des Altenberger Zuges waren ergiebig und lieferten hervorragendes Erz. Dadurch wurde Elben bekannt.

 

In der Mitte des 19. Jahrhunderts machte die kleine Ortschaft von ca. 170 Einwohnern weit über die Grenzen der engeren Heimat hinaus in einem gänzlich anderen Zusammenhang von sich reden.

 

Der Kreuzberg war das Ergebnis!

 

Die Geschichte des Kreuzbergs beginnt 1847. Der Schreinermeister Johann Peter Klein konnte die Bewohner der Ortschaft Elben dafür begeistern, auf dem Krähenberg einen Kreuzberg zu errichten. „Alle Einwohner“, so schreibt Heinrich Feldmann im Heimatbuch des Amtes Wenden, „legten mit heiliger Begeisterung Hand ans Werk.“ Nur so ist zu begreifen, dass diese kleine Gemeinde in so kurzer Zeit so Erstaunliches leistete. Dieser Kreuzweg in Elben war der erste in der näheren und weiteren Umgebung. Pfarrer Josef Schmidt aus Wenden konnte ihn schon am zweiten Ostertag 1848 einweihen. Papst Pius IX. und der Paderborner Bischof Franz Drepper hatten die Vollmacht bzw. die Genehmigung dazu gegeben und Pfarrer Schmidt verkündete mit freudigem Eifer, dass mit dem Besuch des Kreuzbergs die gleichen Gnaden und Ablässe verbunden sind, die früher den Pilgern nach Jerusalem verliehen wurden.

 

Der Zustrom der frommen Beter aus nah und fern war größer als man hatte erwarten können. Darum reifte der Entschluss, die Stationen, die ursprünglich aus Holz gefertigt waren, massiv zu bauen. Die zwölfte Station mit dem Kreuz des Herrn und den beiden Schächern und die „Grabeskirche“ konnten schon am dritten Sonntag nach Ostern 1849 eingeweiht werden. In der dreizehnten Station fand die „Mater dolorosa“, die Mutter der Schmerzen, ihren Platz, die bis in unsere Tage vielen von Leid und Enttäuschung gebeugten Betern Mut und Hilfe gab und gibt. Wir Nachgeborenen können nur noch staunen über den tiefen, innigen Glauben, der die Beter in so großer Zahl zum Kreuzberg führte. Die vielen Wallfahrer aus nah und fern, die fast täglich den Kreuzberg besuchten, veranlassten in dieser Zeit Frau Anna Stahl, um die Erlaubnis für den Betrieb einer zweiten Gastwirtschaft nachzusuchen. Neben der in Elben seit 1828 bestehenden Branntweinschenke hielt sie eine zweite Gaststätte für erforderlich, da die vielen Wallfahrer „zum Ausruhen und zur Erfrischung Gelegenheit im Dorf Elben suchen.“ Diese Genehmigung scheint ihr aber wohl nicht erteilt worden zu sein.

 

Der Zuspruch, den der Kreuzberg bei den Gläubigen fand, motivierte die Einwohner von Elben, eine Kreuzkapelle zu planen, in der Gottesdienste gefeiert und das Messopfer dargebracht werden konnten. Sie fanden tatkräftige Unterstützung in Pfarrer Josef Schmidt. Seit 1847 war er in Wenden. Unter ihm bekamen die Ottfinger auf ihrem Kirchweg nach Wenden das Agathakapellchen, die Brüner ihren Marienbildstock, die Altenhofer das Jakobskapellchen. Wie wir bei Karl Jung in seinem Bändchen „Dörnschlade“ nachlesen können, war Pfarrer Schmidt von Hause aus vermögend und setzte bei allen Bauvorhaben zu deren Finanzierung auch eigene Mittel mit ein. Vor allem auch bei der Kreuzkapelle in Elben. In erstaunlich kurzer Zeit war die Grundlage für die Finanzierung geschaffen und die Kreuzkapelle errichtet. Bis 1851 brachte man insgesamt an Geldmitteln und Eigenleistung 1.370 Thaler, 21 Silbergroschen und 9 Pfennig auf.

(1 Thaler = 30 Silbergroschen, 1 Silbergroschen = 10 Pfennig)

 

Ein Maurer verdiente zu dieser Zeit ca. 10 Silbergroschen pro Tag, an drei Tagen also einen Thaler, in einem Jahr ca. 100 Thaler, 1.370 Thaler entsprachen damals also ca. 14 Jahresverdiensten eines Maurers. Zurzeit (1994) verdient ein Maurer ca. 50.000,- DM brutto pro Jahr. 14 Jahresverdienste entsprechen heute also ca. 700.000,- DM.

 

Die wichtigsten Posten dieser gewaltigen Summe von 1.370 Thaler sind:

 

Kollektenbeiträge: 

274 Thaler

Erlös aus dem Opferstock des Kreuzbergs in den Jahren 1848 – 1851:      

373 Thaler

Erlös aus dem von der Gemeinde verkauften Holz und (Eichen) Lohe: 

236 Thaler

Hand- und Spanndienste ca. 12.000 Fuhren von Steinen, Sand, Kalk

und Wasser veranschlagt zu                                                               

278 Thaler (eine Fuhre also ca. 7 Pfennig)

 

Vor allem der Erlös aus dem Opferstock innerhalb von drei Jahren erstaunt wie viel Wallfahrer mögen ihr Schärflein beigetragen haben, damit die Summe von 373 Thalern erreicht wurde? Man überlege, diese Summe entsprach dem Arbeitslohn eines Maurers in 3 ¾ Jahren, das entspräche heute ca. 190.000,- DM.

 

Wir können die überschwängliche Freude begreifen, mit welcher der folgende Artikel (wahrscheinlich von Pfarrer Schmidt) geschrieben wurde. Er erschien am Sonnabend, dem 14. August 1852 im „Olper-Kreis-Blatt“:

 

(im Orginal in altertümlicher Schriftart)

Rundschau  

ELBEN am Feste der hl. Anna. Als wir vor anderthalb Jahren durch den katholischen Volksboten um eine kleine Gabe zur Erbauung einer neuen Kapelle auf unserm Kreuzberge anhielten, da konnten wir wohl nicht erwarten, daß dieser Bau so schnell seine Vollendung erreichen würde. Aber auf den Gaben christlicher Liebe ruhet ein besonderer Segen des Himmels! Dank, herzlicher Dank für jede, auch die kleinste Gabe, die fromme Hände zur Erbauung dieses neuen Gotteshauses in der Nähe und Ferne spendeten! Am 18. des Monats könnt ihr das Werk eurer Liebe sehen. An diesem Tage, bei der der Verehrung der hl. Helena, der Erfinderin des hl. Kreuzes, und der Patronin der neuen Kreuzbergs-Kapelle geweihet ist, soll nämlich dies neue Gotteshaus feierlich eingeweihet werden. Ein schönes, seltenes Fest wird dies werden. Denn so eben wurde uns, nach langem Harren und Warten, die schon vor zwei Jahren von seiner Heiligkeit Pius IX. zugesagte Partikel des hl. Kreuzes, die am genannten Einweihungstage, in feierlicher Prozession, aus der Pfarrkirche in die neue Kreuzbergkapelle wird transferiert werden, zugesandt.

 

Der Altar für die Kreuzkapelle kam aus dem Sauerländer Dom in Attendorn. Er wurde Elben für einen billigen Preis überlassen. Den Altar schmückte ein, wie man heute weiß, wertvolles Dreifaltigkeitsbild. Das Bild hatte jedoch keinen Bezug zum hl. Kreuz und zur hl. Helena. Die hl. Helena (250-329) ist die Mutter des Kaisers Konstantin und gilt als die Auffinderin des hl. Kreuzes. Auf ihre Veranlassung hin begann man über dem vermuteten Felsengrab Christi auf dem Golgathagelände in Jerusalem mit der Errichtung der Grabeskirche. Baute man aus diesem Grunde auch auf dem Kreuzberg in Elben eine Grabeskirche? Die hl. Helena, die Schutzpatronin der Kreuzkapelle und der Kapellengemeinde, später auch des Schützenvereins, sollte durch ein Bild geehrt werden. Darum entfernte man 1909 das Dreifaltigkeitsbild und ließ durch den Maler Bartscher-Oelde ein Altarbild schaffen, das die Auffindung des hl. Kreuzes durch die hl. Helena zeigt. Dieses Altarbild und das Reliquienkreuz zieren noch heute den Altar der Kreuzkapelle.

 

Das Dreifaltigkeitsbild wurde im Wendener Pfarrhaus untergebracht. In diesen Tagen bekamen es die Hansestädter zurück; es war Teil der Ausstellung über Kunst- und Baugeschichte des Sauerländer Domes.

 

Der Kreuzberg in Elben hat als Wallfahrtsort seine große Bedeutung verloren. Für manche Gemeindemitglieder ist der regelmäßige Besuch dieser Stätte des Gebetes aber frommes Bedürfnis geblieben.

 

Zur Geschichte des Kreuzbergs und zu seiner Bedeutung in unserer Zeit könnte noch viel gesagt werden. Doch dazu ist hier nicht der Platz. Aber es soll noch erinnert werden an zwei Persönlichkeiten, die im Schatten des Kreuzbergs geboren wurden. Und wir können annehmen, dass der Kreuzberg ihren Lebensweg mitbestimmte. Es sind dies der erste Erzbischof von Paderborn und der erste Abt der Abtei Mariä Heimgang auf dem Sionsberg in Jerusalem.

 

Erzbischof Dr. theol. Caspar Klein wurde am 28. August 1865 in Elben geboren, lebte hier aber nur bis zum sechsten Lebensjahr und zog dann nach Schneppenohl, das ihm zur geliebten zweiten Heimat wurde. Sein Vater, der Anstreicher und Vergolder Johann Josef Klein aus Elben, war tüchtig in seinem Fach. Er half bei der Renovierung der Kapelle auf der Dörnschlade (1845) und betätigte sich auch als Schnitzer und Bildhauer. So schuf er für die Dörnschlade ein Duplikat der Marienstatue und baute nach deren Neuerrichtung 1865 den Altar. Für den Kreuzweg in Elben führte er alle Bildhauerarbeiten aus. Wir können uns vorstellen, dass sein Sohn von den Arbeiten seines Vaters nicht unberührt blieb und dass ihm Dörnschlade und Kreuzberg liebe Aufenthaltsorte waren.

 

Caspar Klein studierte in Münster und Paderborn und erhielt 1890 seine Priesterweihe. Danach war er u. a. tätig als Diözesanpräses der Arbeitervereine. 1920 wählte das Domkapitel ihn zum Bischof von Paderborn. Nach der Erhebung des Bistums Paderborn zum Erzbistum ernannte ihn der Heilige Vater am 13. August 1930 zum ersten Erzbischof aus Paderborn.

 

In seine Amtszeit fiel die 100. Wiederkehr des Geburtstages der Ehrwürdigen Mutter Maria Theresia geb. Aline Bonzel aus Olpe, der Stifterin der Genossenschaft der armen Franziskanerinnen von der ewigen Anbetung. Aus diesem Grunde wurde deren Leichnam am 17. September 1930 vom Friedhof in Olpe in das (alte) Mutterhaus überführt und in der Grabeskirche beigesetzt. heute ruht er in der Kapelle des (neuen) Mutterhauses. Der Erzbischof hielt das Requiem. Für Olpe und die gesamte Umgebung war das ein großer Tag.

 

1934 besuchte der Erzbischof die Dörnschlade. Er nahm an der mächtigen Glaubenskundgebung von ca. 10.000 Männern und Jungmännern teil, die sich in schwerer Zeit zu Christus und Maria bekannten. Wie wird ihm ums Herz gewesen sein, als er, der Erzbischof von Paderborn, in dem Heiligtum weilte, das sein Vater als Handwerker mitgestaltet hatte? Vielleicht besuchte er auch den Kreuzberg in Elben.

 

In den folgenden Jahren, vor allem nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, wird er aber oft an die 13. Station des Elber Kreuzweges gedacht haben, an die „Mutter der Schmerzen“, die sein Vater so beeindruckend gestaltete.

 

Am 26. Januar 1941 starb der Erzbischof Caspar Klein.

 

 

Abt Maurus Kaufmann

 

Durch päpstlichen Erlass vom 15. August 1926 wurde das Kloster Mariä Heimgang auf dem Sionsberg in Jerusalem zur Würde einer Abtei erhoben. Als erster Abt der neuen Klosterfamilie auf dem Berge Sion wurde deren bisheriger Prior Pater Maurus Kaufmann ernannt. Ein großes Ereignis für viele deutsche Katholiken, für den Orden der Benediktiner und für die Ortschaft Elben. Pater Maurus Kaufmann wurde am 29. März 1871 als Sohn des Landwirts Johann Anton Kaufmann und seiner Ehefrau Maria Elisabeth geb. Engels geboren. Ostern 1891 bestand er in Attendorn das Abitur. Er studierte Theologie und empfing am 22. März 1895 die heilige Priesterweihe. Nach neunjähriger segensreicher Tätigkeit als Seelsorger in Bochum-Hamme und in Mülheim an der Möhne sowie als Rektor am St. Elisabeth-Hospital in Bochum bat er um Aufnahme in die Benediktiner-Abtei Maria Laach. 1905 legte er dort die heiligen Gelübde ab.

 

Als nach dem Ersten Weltkrieg im Jahre 1920 das Kloster auf dem Berge Sion den deutschen Benediktinern wieder zugänglich war, stellte der Abt von Maria Laach Pater Maurus Kaufmann für die Wiederbesiedelung des Klosters frei. Von 1926 bis zu seinem Tode am 28. Februar 1949 oblag ihm als Abt die Leitung der jungen Mönchsfamilie. Seine segensreiche Tätigkeit ist den älteren Mönchen in Maria Laach noch in guter Erinnerung. Die Mönche auf dem Berg Sion gedenken seiner mit größter Hochachtung. Sie verehren in ihm den umsichtigen, gütigen, tatkräftigen Abt und den gläubigen Verehrer de Gottesmutter. Ihr hat er über 28 Jahre in ihrem Heiligtum auf dem Berge Sion gedient.

 

Infolge der unglücklichen politischen Verhältnisse und Wirren in Palästina musste er in den letzten Jahren seines Lebens mit seiner Klosterfamilie außerhalb des von Soldaten besetzten und teilweise zerstörten Klosters verbringen. Im letzten Jahr seines Lebens erlebte er noch die Gründung des Staates Israel und den ersten israelisch-arabischen Krieg im Zuge des Nah-Ost-Konflikts.

 

Alle, die Abt Maurus Kaufmann persönlich kannten, waren überrascht von seiner geistigen Beweglichkeit, seiner fast kindlichen Bescheidenheit im äußeren Auftraten, von seiner gewinnenden Offenheit und von seiner Güte. Durch den jahrelangen Aufenthalt im Ausland bedingt, sprach er fließend mehrere Sprachen. Weilte er aber in seiner Heimat, dann sprach er „Wensch Platt“. Er liebte das Wendsche und er liebte sein Heimatdorf Elben.

 

Und wenn nun im Himmel einem Neuankömmling aus dem Wendschen ein liebenswürdiger alter Herr mit Rauschebart und gütigen leuchtenden Augen begegnet und ihn fragt: „Nou säech eß, wie süjt et üt doo ungen, wat maket et Wendscheu un wat maket Elben? Wat häet sek verangert?“ Was könnte der ihm dann antworten? Er könnte sicher viel Neues berichten, Gutes und weniger Gutes, aus dem Wendschen und aus Elben. Damit überraschen oder gar in Erstaunen versetzen könnte er diesen weisen, alten Mann sicher nicht. Denn der weiß, wir leben nicht nur im Heute, sondern wir sind eingebettet in die Geschichte. Alles was in dieser Welt ist, ist geworden und nichts was ist, bleibt bestehen. Beständig ist nur der Wandel.

 

Und wenn wir die wechselvolle Geschichte der Ortschaft Elben betrachten, finden wir das bestätigt. Und dieses Wissen kann tröstlich sein. Es kann auch im Hinblick auf die Zukunft helfen, Probleme zu relativieren, und es kann Gelassenheit vermitteln. Wir stehen nicht allein. Wir sind als Glied in die Generationenfolgen eingebunden, als die Verbindung vom Gestern zum Morgen. Das Heute können wir gestalten und damit das Morgen mitprägen. Das Gestern verändern wir nicht. Auch wir sind geprägt durch das Leben, die Taten unserer Vorfahren und durch ihre Sorgen, Freude und Ängste.

 

Die Heimat unserer Vorfahren ist unsere Heimat. Sie ist unser kostbarstes Erbe. Wir wollen sie mitgestalten und erhalten, damit wir nicht „heimatlos“ werden und in guten und in schlechten Tagen nach Hause kommen können, zu Hause sein dürfen, in unserem Dorfe.

 

Möge das Jubiläum des Schützenvereins freudig gefeiert werden und neue Impulse geben für die Gestaltung des dörflichen Lebens.

Literaturverzeichnis (Angaben des Verfassers Karl Heinz Kaufmann)

 

Eversmann, Fr. Aug. Alex, Übersicht der Eisen- und Stahl - Erzeugung auf Wasserwerken in den Ländern zwischen Lahn und Lippe, Dortmund 1805

 

Forck, H., Geschichte der Stadt Olpe in Form einer Chronik, Olpe 1911

 

Hirschmann, August, Geschichte der Pfarrei und der Stadt Olpe, Olpe 1930

 

Jung, Karl, Dörnschlade – Ein Wallfahrtsort im Kirchspiel Wenden, Wenden 1989

 

Kaufmann, Karl Heinz, Chronik der Wendener Hütte, Wenden (Hillmicke) 1978

 

Kaufmann, Karl Heinz, Friedrich Harkort, Seine Aktivitäten im Kreis Olpe, Teil I, in Heimatstimmen aus dem Kreis Olpe, 166. Folge (1992, 1) Seite 39-47

 

Koch, Horst G., Rothemühle Ort und Werk, Rothemühle o. J.

 

Ruegenberg/Koch, Olper Land im Aufbruch, Olpe 1987

 

Scheele, Norbert, Gerlingen in Vergangenheit und Gegenwart, Gerlingen 1959

 

Sönnecken, Manfred, Forschungen zur mittelalterlichen Rennfeuerverhüttung im Kreis Olpe, Olpe 1982

 

Sönnecken, Manfred, Grabungen auf dem Rennfeuerhüttenplatz „Wilsmicke“ bei Gerlingen, in Heimatstimmen aus dem Kreis Olpe, 34. Folge (1959, 1) Seite 1-8

 

Sondermann, Franz, Geschichte der Eisenindustrie im Kreis Olpe, Münster 1907

 

Wiemers, Fritz, Heimatbuch des Amtes Wenden, Wenden o. J. (1950)